Illegale Reisende

Bahnhof der Träumer

Mit Latinos illegal durch Mexiko

Bahnhof der Träumer | Herbig Verlag | 220 Seiten | 17,90 Euro | von Hans-Joachim Löwer

Lateinamerika ist die Bezeichnung für die Spanisch und Portugiesisch sprechenden Länder Süd- und Mittelamerikas. "Latinoamerica" erstreckt sich vom Rio Grande del Norte bis zum Kap Hoorn - die meisten seiner Bewohner leben in größter Armut. In Honduras etwa, dem ärmsten Land Lateinamerikas, liegt das jährliche Pro-Kopf-Einkommen bei weniger als 3000 Dollar. Als 1998 der Hurrikan "Mitch" über das Land fegte, verloren die meisten Menschen das Wenige was sie besaßen - und 11.000 Menschen gar ihr Leben.

Und doch gibt es einen strahlenden Hoffnungsschimmer - der "große Bruder" USA im Norden, der mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von über 40.000 Dollar aufwartet. Um dorthin zu kommen, gilt es lediglich über 2000 Kilometer Weg illegal durch Mexiko zu überwinden, lose festgeklammert an einen Güterzug, Wind und Wetter und mordenden Banden ausgesetzt - stets nur einige Zentimeter über dem drohenden Tod hängend. Diesen Gefahren trotzen täglich Hunderte Menschen aus Mittel- und Südamerika. Hans-Joachim Löwer hat sich ohne die nötige Verzweiflung diesem Wahnsinn gestellt - mit Geld, Essen und einem gültigen Pass in der Tasche.

In Tapachula, im Süden Mexikos springen sie zu Hunderten auf den Zug, noch gut gelaunt und zuversichtlich. Auch Löwer beginnt hier seine Reise. Durchschnittlich kommen nur drei von hundert Illegalen an der US-amerikanischen Grenze an. Manche probieren es bereits zum wiederholten Male. Statistiken und numerische Nachrichtenmeldungen erzählen von ihnen. Hans-Joachim Löwer holt sie raus aus ihrer Identitätslosigkeit und nimmt den Leser mit sich auf die gefährliche Reise.

Unwertend, schnörkellos und prägnant erzählt, trägt auch der ungewöhnliche Präsens-Tempus dazu bei, einen ungetrübten und vorurteilsfreien Blick auf den berüchtigten Zug und seine gleichermaßen mutigen und verzweifelten Anhängsel zu werfen. Besonders spannend wird es, wenn Löwer versucht, selbst den Weg des Illegalen zu beschreiten und aus dem "sie" ein "wir" wird. Ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit durchgelesen - fasziniert und um viele Eindrücke reicher.

MM

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